Eineinhalb Tage Berlin mit vielen Eindrücken. Berlin ist schrill und laut und bunt und turbulent. Aber keine Stadt, in die ich mich verlieben würde. Nicht so wie Vancouver. Sicherlich mit ihrem eigenen Charme, aber mir zu laut und zu voll. Trotzdem habe ich die eineinhalb Tage genossen.
Tag 1 … die Ankunft
Nach einer etwas zähen Hinfahrt – zum Glück fuhren wir an den Staus vorbei, die wir auf der Gegenspur sahen und bedauerten – fuhren wir in Berlin ein. Sonnig, aber kaltes Wetter. An der Siegessäule vorbei, die uns als erstes begrüßte, direkt zum Brandenburger Tor, unter dem sich bereits Massen tummelten und flanierten. Berlin schien voll, und wir waren mitten drin. Vorbei am Reichstag fanden wir auch gleich unser Hotel, nur ein paar Schritte vom Friedrichstadtpalast entfernt. Glücklicherweise begingen wir nicht den Fehler, direkt vor dem angrenzenden Gebäude zu parken, das sich als die Ukrainische Botschaft entpuppte, wo jeder, der sein Fahrzeug dort abstellen und aussteigen zu wollte, mit einem durch Lautsprecher gebrüllten „Fahren Sie sofort weiter!“ erschreckt wurde.
Unser Hotel, das Best Western, war wie erwartet … nett, sauber und mit sehr freundlichem Personal. Ich vermisste zwar sofort die Badewanne, es gab nur ein Duschzimmer für Rollstuhlfahrer, und die Betten waren, wie sich später herausstellen sollte, zu hart. Aber zuerst wollten wir noch Berlin sehen. Also hinein in das Getümmel, zu Fuß, diesmal am Reichstag vorbei und durch das Brandenburger Tor zu Trabbi-Andi und seinen (Original-) Pittiplatsch und Schnatterinchen-Figuren. Mit Andi unterhielten wir uns eine Weile, er erzählte lustige Geschichten, zeigte uns ein Foto von Angela, die spontan mit ihm in Ermangelung eines anderen Statisten posierte.
Wir fuhren mit der Kutsche über den Gandarmenmarkt, in Decken eingehüllt und die hupenden Taxis nach einer Weile ignorierend, lauschten wir den Erzählungen des Kutschers, während (ein anderer) Andi und Alex (die Pferde) uns durch den Berliner Verkehr schlängelten und immer schon ein paar Sekunden vorher zu erahnen schienen, wann die Ampeln auf Grün umschalten würden. Auch der Kutscher wusste Interessantes zu erzählen: Dass die Mieten in den letzten Jahren extrem gestiegen, aber die digitale Schuldenuhranzeige in seiner nunmehr bereits 10jährigen Kutscherlaufbahn schon enorm gesunken war und er vielleicht doch noch die Null darauf erleben könnte. Dass Angela in dem und dem Cafe auch mal anzutreffen ist, und falls gerade kein anderer Platz frei sein würde, könnte es passieren, dass man seinen Nachmittagskuchen neben der Kanzlerin verputzt. Überhaupt scheint Angela bei den Urberlinern sehr beliebt zu sein, und dass sie nach wie vor in ihrer normalen Wohnung wohnt, verschafft ihr wohl noch einiges an Respekt mehr.
Nach der Kutschfahrt suchten wir uns ein hübsches urtümliches Berliner Lokal und speisten vorzüglich. Ich lauschte fasziniert dem Gespräch am Nachbartisch, zwei Mädchen, die Englisch plapperten, wobei aber nur eine wohl gebürtige Engländerin war. Ich fragte mich, wie sie sich wohl kennengelernt haben mögen.
Die Spatzen in Berlin sind wie die Berliner selbst: selbstbewusst und frech, ein bisschen zerfleddert und frech, manchmal dick und gemütlich und geschwätzig, und immer in Horden unterwegs.
Der fotografierte HORCH steht in einer Straße, die seit dem 11. September für Autofahrer gesperrt wurde. Nur noch Radfahrer und Fußgänger dürfen, von Polizei beobachtet, da durch. Der Kutscher meinte schmunzelnd, wenn wir mal richtig Ärger haben wollen, sollten wir mal versuchen, in jener Straße einen Koffer stehen zu lassen.
Das war schon ein bisschen unheimlich, und das Experiment mit dem Koffer ließen wir auch besser, außerdem beeilte ich mich, mit dem Fotoknippsen des Horchs hinter der Glasscheibe, nicht, dass wir gleich am ersten Abend verhaftet werden würden.
Eigentlich wollten wir dann – als wir zurück am Hotel waren – noch eine nächtliche Schiffsfahrt durch Berlin machen, aber wir fanden den Anleger nicht (es war zu dunkel), und wir dann irgendwie auch zu müde. Also spazierten wir zurück zum Hotel, ließen den Tag an der kleinen lustigen Hotelbar ausklingen und trudelten dann ins Bett, das sich – wie bereits erwähnt – als zu hart herausstellte.
Tag 2 … eine Zeitreise in die Geschichte
Der Samstag stand im Zeichen von Kultur und Geschichte. Eigentlich wollten wir unbedingt in das Pergamon-Museum, wussten aber, dass das gerade renoviert und nur teilweise geöffnet hat. So entschieden wir uns für das Neue Museum; und dass war eine gute Wahl. 4 Stunden liefen wir durch die Säle, mit dem Audioguide auf den Ohren, der uns zu den jeweiligen Stationen wissenswertes servierte. Zu schauen gab es viel, und noch mehr. Unheimlich viel. Um uns herum: Italienisches Geplapper, auch einiges an Englisch und Französisch, aber die Italiener hörte man überall heraus. Die Museumswärter waren freundlich und einer veräppelte mich, als ich nach der ersten Stunde endlich ein Pictogramm mit einer Kaffeetasse erspähte, daraus auf eine nahe Kaffeebar schlussfolgerte, nach deren Ort fragte und als Antwort bekam: Das bezieht sich auf die Tassenausstellung im nächsten Raum! Ha! Ich muss wohl entsetzt und enttäuscht geschaut haben, der Wärter grinste wie Oskar, klopfte mir auf die Schulter, beruhigte mich und versicherte, dass es da hinten tatsächlich ein kleines Cafe inklusive Kaffee gäbe.
Mit Kaffee gestärkt und mit Verständnis eines anderen Wärters, dass ich auch eine Zigarette brauchte (und er mich heimlich an seinem Rauchstandort qualmen ließ), traute ich mich dann, sogar eine der großen Flügeltüren im Zwischengang von einem Raum zum anderen in ihrer Position zu verändern, um das alte Gemälde der Insel Rügen gänzlich sehen zu können. Sprich, ich wollte nur eine Tür etwas aufmachen, als ein dritter Wärter heransprang und … mich verhaften wollte. !? Nein, nicht ganz, aber ich musste die Tür sofort loslassen und hoch und heilig versprechen, nichts, aber auch gar nichts mehr anzufassen, auch keine Türen.
Wir schlenderten durch ägyptische und nordische Geschichte. Nophretete wurde streng bewacht, man durfte nicht einmal fotografieren. Thor’s Hammer fehlte in der Ausstellung gänzlich, aber an irgendeiner Wanddeckenbemalung sind sie alle zu sehen: Odin, Thor, Loki und Freya. Am Ende sahen wir sogar jenen Goldhut, der noch vor wenigen Tagen in Ancient Aliens Hauptspekulationsobjekt war. An den ägyptischen Skulpturen und Gräbern versuchte ich Hinweise auf Aliens zu finden, aber nichts leuchtete auf, wie ich das von den Dokufolgen gewohnt war. *lach*
Nach dem Museum stürzten wir uns auf den Kudamm, ließen uns mit den Massen treiben und waren froh, als wir die richtige U-Bahn und dann S-Bahn fanden, die uns in ruhigere Gefilde wieder spülte. Es gab ein zeitiges Abendbrot, diesmal in einem Argentinischen Steakhouse – oberlecker – und nach einer kurzen, erfrischenden Dusche war es auch schon Zeit für das Event des Wochenendes
The Wyld-Show
im Friedrichstadtpalast. Bilder oder gar Videos zu machen war strengstens untersagt. Wer sich dennoch eine Vorstellung davon machen möchte, der sei auf diese Seite verwiesen.
Es lohnt sich! Es war fantastisch, atemberaubend, bezaubernd, unglaublich! Am Anfang ist eine Ballettprobe, nichts ungewöhnliches, lauter Ballettschüler, die mehr oder weniger den Anweisungen ihres russischen Trainers gehorchen. Und gerade, als ich mich flüsternd zu Knuffel beugte und wissen wollte, wann denn nun die eigentliche Show anfangen würde (als wenn er es wüsste LOL), zersplitterte der imaginäre Ballettsaalspiegel und wir wurden in diese grandiose Show THE WYLD gezogen.
Dann fielen wir erschöpft aber verzaubert ins Bett, und nicht einmal mehr der Aufzug, der an unser Hotelzimmer grenzte, oder der brüllende Ukrainische Wachhabende, noch die harten Matratzen konnten uns vom Schlaf abhalten.
Am Sonntag ging es dann auch über eine erholsame leere Autobahn schnurstracks nach Hause, den Kopf voller Bilder an eine wundervoll und aufregende Zeit. Und mit dem Versprechen, dass wir wieder kommen werden, in diese quirrlige Metropole.