… ist geschafft. Der Morgen startete mit einem leichten Kreislaufkollaps (mal wieder). Ich sollte wirklich nicht mehr so heiß duschen! *seufz* Aber nach ein paar Minuten ging es einigermaßen, und so war ich – wie mit Chef verabredet – eine Stunde früher als gewöhnlich für einen Freitag im Büro. Beim Anblick der Akten, die sich unerklärlicher Weise über Nacht und Feiertage planlos und ungehemmt zu vermehren scheinen, hätte ich gern wie Aschenputtel geseufzt und mir helfende Täubchen gewünscht. Es ist ein schier aussichtsloser Kampf gegen die Akten! Chef mag es aber auch nicht, wenn keine Akten im Diktatstapel liegen; vermutlich weil er dann das Gefühl hat, dass seine Kanzlei nicht brummt. Also: Frisch ans Werk, es ist ja der letzte Bürotag für mich im Jahr 2013.
Einen unerwarteten Adrenalinschub bekam ich noch gratis verpasst, als kurz vor 7.30 Uhr Chef’s Schwiegermutter im Büro anrief, irgendwas von „Ich steh in der Walachei, ich musste übernachten … ich erreiche aber niemanden … doch mir geht es gut … ich rufe mir jetzt ein Taxi“ brabbelte. Was sollte ich tun? Eine Nummer ist auf dem altmodischen Ding, das Chef Telefon nennt, nicht anzeigbar. Zwar wusste ich, dass Chef sein Schwiegermütterchen eigentlich nach Hamburg zu deren Schwester verfrachten wollte und dass Schwiegermutter auch ziemlich dement ist; aber woran erkennt man am Telefon, ob Chefschwiegergetier nicht doch irgendwie ausgebüchst ist und nun irgendwo hilflos und verwirrt im Nachthemd auf einem Feld steht? Also habe ich Chef versucht zu erreichen, obwohl ich wusste, dass er vor 8 Uhr kaum ansprechbar sein wird. Er war auch nicht zu erreichen. Mehr konnte ich gerade nicht tun. 10 Minuten später rief eine weitere Dame an, wie sich herausstelle die Schwester der verwirrten ChefSchwiegermutter, und beruhigte mich: Sie habe gerade ihre Schwester telefonieren gehört, es ist aber alles in Ordnung, sie ist noch immer in ihrem Zimmer, wohlbehalten, im Nachthemd, aber aufgeräumt und unter Aufsicht jetzt und ich solle Chef und dessen Frauchen nicht in Aufruhr versetzen. Zu spät – hatte ich schon. Zumindest habe ich Chef’s privaten AB vollgeplappert. Noch mal auf dem AB Entwarnung gegeben; und mich wieder um meine Akten gekümmert. Ernsthaft: Demenz ist eine Scheiß-Krankheit!
Zwischendurch gab es am Himmel einen kolossalen roten Sonnenaufgang. Der gesamte Himmel schien in Flammen zu stehen:
Chef lief dann wenig später – ziemlich unausgeschlafen – im Büro auf, und erklärte erst einmal, dass das Drama „verwirrtes Schwiegermütterchen“ schon seit 6.30 Uhr gegeben wurde und er 12! verpasste Anrufe auf seinem Handy hatte. Da war es nur gut, dass ich an Milch und Kaffee gedacht hatte und er nicht auch noch darauf verzichten musste. Das versöhnte ihn mit der Welt. Er ließ mich dann in Ruhe tippen, hatte auch nichts weiter zu meckern und verkrümelte sich beizeiten wieder in seinen Kurzurlaub. Ich hab noch in Ruhe „klar Kanzlei“ gemacht, bin auch zufrieden mit mir. Pünktlich 13 Uhr hab ich dann alles fallen gelassen (machen ja andere auch so!) und nun habe ich die kommende Silvester-Woche komplett frei! Hach, wie gut sich das anfühlt!
Das war er also, der letzte Bürotag 2013. Ich muss erst am 06.01.2014 wieder meinen Dienst antreten (es sei denn, Kollegin ruft Montag Morgen hier an und stöhnt was von krank). Aber das wollen wir mal nicht hoffen. Ich brauche ein paar Tage ohne Stress und Trubel frei. Faule Tage, nur ein bisschen Haushalt und Sport und um die Überweisung ins Krankenhaus für Mitte Januar muss ich mich auch noch kümmern. Aber alles Step by Step und oak nje jechen!
„Oack ne jechn!“ Nach dem Oberlausitzer Wörterbuch von Hans Klecker übersetzt ins Hochdeutsche: „Nur nicht hetzen!“ jechn => 1.) jmdn. scheuchen, antreiben, jagen; ‚Meine Frooe hoat miech durch de Stoaadt gejecht‘; 2.)hektisch eine Tätigkeit durchführen, sich sehr beeilen, hetzen, im Stress stehen; ‚Nimm dr Zeit und jech ne su!‘; ‚War jecht, dar blecht‘ = ‚Wer hetzt, zahlt dafür‘