Heulend bei A.T.U.

Da ich ja jeden Tag ziemlich weit zu fahren habe zur und von Arbeit nach hause, habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, in dieser Autofahrzeit auch gerne mal Hörbücher zu konsumieren. Letzte Woche hörte ich “Marley und ich – mein Leben mit dem frechsten Hund der Welt”. Gelesen von Heiko Deutschmann wird darin die Geschichte eines Labradors in einer amerikanischen Familie geschildert – lt. New York Times zum brüllen komisch, an manchen Stellen auch durchaus nett und lustig. Kurz und gut: durchaus ein Hörbuch, was man entspannt auf dem Weg nach hause hören kann — oder eben auf dem Weg zu ATU, wie am Donnerstag Abend.

Ich war spät dran, ATU würde um 19 Uhr schließen und vorher musste ich es noch schaffen, Audileinchen abzuliefern! Ich fuhr also so vor mich hin und hörte den Geschichten über den Hund Marley zu … als ich zu dem Kapitel kam, wo dieser (da bereits sehr alt) immer gebrechlicher wurde und schließlich seine letzten Tage anbrachen. Und ich heulte Rotz und Wasser im Auto, schniefte und schluchzte und wollte gar nicht hören, wie sich die Familie von Marley verabschiedete! So kam ich bei ATU an, hatte wie immer keine Taschentücher mit, musste aber aus Zeitmangel auch gleich an die Rezeption … und da stand ich nun, Tränen überströmt, verrotzt, schniefend und schluchzend übergab ich die Schlüssel an den Herrn von der Autoannahmestelle: “Mein Audi *seufz* muss *schnaub* zum TÜV *schluchz*, wir hatten *schnief* nen *schluck* Termin *Tränen abwisch*”.

Wahrscheinlich dachte der Mann vor mir, dass ich das Gefühl hatte, Audileinchen gerade der Schrottpresse übergeben zu haben, und ich deswegen so zerknirscht und aufgelöst in der Gegend herumstand. Jedenfalls startete er einen halbherzigen Versuch mich zu trösten, indem er mir versicherte, dass Audileinchen doch gar nicht so furchtbar aussehe und bestimmt durch den TÜV kommt. Ich murmelte noch erklärend zwischen zwei Schniefern, dass ich gerade ein trauriges Hörbuch gehört und noch keine Zeit hatte, mich wieder salonfähig herzurichten.

Am Freitag dann wartete ich auf den ATU-Anruf, weil verabredet war, dass sie bei größeren Sachen vorher Bescheid geben sollten (und ich rechnete fest damit, dass mal wieder ne größere Reparatur fällig sein würde). Als sie sich kurz vor Ladenschluss immer noch nicht gemeldet hatten, machte ich mir ernsthaft Sorgen und sah Audileinchen in Gedanken bereits verschrottet, erklärte mir das Schweigen der KFZ-Heile-Macher jedoch damit, dass sie sich aufgrund meines emotionalen Tieffluges am Tag zuvor nicht getrauten, mir die schreckliche Nachricht von Audileinchens Tod per Telefon mitzuteilen. Also rief ich an, fragte nach und bekam zur Antwort: “Wir haben nichts gefunden!” – Was ich aber übersetzte mit “Wir haben das Auto nicht gefunden!” (Auf den Gedanken, dass sie keine Mängel gefunden haben, kam ich gar nicht). Ich einer Panik nahe versicherte aber meinerseits am Telefon, dass ich das Auto ganz bestimmt und höchst persönlich am Vorabend abgegeben habe, was der nette Mensch hinter der Theke bestimmt bezeugen kann, wenn er sich an eine völlig aufgelöste und verheulte Person erinnern möge.

Es klärte sich alles auf, Audi bekam seinen TÜV, diverse ATU-Bejackte vermutlich noch einen Lachkrampf, zumindest aber ein Grinsen, das Hörbuch seinen Platz im CD-Regal und diese Seite hier eine neue Geschichte – oder ist es doch eher ein Blog?

März 2007

Dieser Beitrag wurde unter Geschichten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Heulend bei A.T.U.

  1. Martin sagt:

    Es ist wirklich ein wundervoller Beitrag hier in deinem Blog, den ich mir jetzt nun schon zum zweiten Mal durch gelesen habe. Selbstverständlich hängt man sehr an liebgewonnen Autos auch wenn an diesen der Zahn der Zeit genagt hat. Auch wenn dei Beitrag schon ein paar Jahre vorbei ist, hoffe ich natürlich dass dein Audileinchen noch lebt und Du noch viele Jahre weiterhin an deinem Auto Spaß hast.

    Du scheinst ein wirklich aufgeschlossener und interessierter Mensch zu sein, wenn ich mir die anderen Blog-Artikel so durchlese wirkst du mir sehr sympathisch, wenn ich einmal so formulieren darf.

    Dir somit weiterhin viel Erfolg mit Audileinchen und deinen tollen Blog !

    Gruß aus Westfalen
    Martin

  2. sajec sagt:

    Danke. Audileinchen fährt noch immer brav die täglichen Strecken und erfreut sich bester Gesundheit. 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.