Es tut weh. Es ist schwer zu begreifen. Vielleicht werde ich es nie ganz verstehen.
Noch immer fällt es schwer, Worte zu finden.
Letzten Montag war ich auf deiner Beerdigung. Du lagst in dem schwarzen Sarg, mit weißen Rosen überdeckt. Der Sarg und die Blumen hätten dir sicher gefallen. Mir liefen die Tränen pausenlos und alles um mich herum war wie hinter einem Schleier. Meine Hände zitterten. In meinem Kopf wisperte und brüllte gleichzeitig immer nur ein Wort: NEIN! Die Vorstellung, dass du kalt und still in dem schwarzen Sarg liegst: unbegreiflich und schmerzlich. Der Pfarrer erzählte aus deinem Leben, und so vieles wusste ich noch gar nicht, hätte ich gern von dir selbst erfahren. Andere Dinge aber teilten nur wir zwei, wussten vertraute Geheimnisse voneinander.
Du warst meine Freundin, nahmst mich auf, als ich außer meiner Familie hier niemanden kannte. Wir feierten verrückte Partys, philosophierten nächtelang über Star Trek, Buffy und die Welt, unternahmen Fahrradtouren. Beim Shopping waren wir völlig verschieden und nicht kompatibel; doch mit der Zeit lernten wir den anderen so zu lassen, wie er ist. Manchmal riefst du mich mitten in der Nacht an, weil du nicht allein sein konntest und jemanden zum Reden brauchtest. Viel zu spät erst merkte ich, wie sehr du vom Alkohol abhängig wurdest.
Dann kam ich an dem einem Montag nach einem langen Arbeitstag nach Hause – und erfuhr die scheckliche Nachricht. Du bist gestorben. Einfach so. Alleine in deinem Haus. Deine Eltern fanden dich. Deine armen Eltern, die mir so leidtun. Niemand sollte sein Kind vor sich gehen lassen müssen. Sie hatten immer die Sorge, dass sie dich eines Tages tot finden würden. Deswegen klammerten sie, nervten dich mit ihrer Sorge und Angst. Und dann ist es doch genauso gekommen, wurde ihr Albtraum wahr. Ach Jutta, hätten wir etwas tun können? Hätten wir irgendwas verhindern können? Wenigstens schienst du einfach so eingeschlafen zu sein. Ein kleiner Trost. Irgendwie.
Die Tage nach deinem Tod verbrachte ich wie im Nebel. Ständig sah ich dein Gesicht vor mir, erinnerten mich Kleinigkeiten an dich. Und immer wieder kreiste dieser unbegreifliche Gedanke durch meinen Kopf, mal wispernd, mal brüllend: Du bist nicht mehr da.
Vorgestern nun war deine Beerdigung. Sie ließen den Sarg in die nasse, klamme Erde. Nun liegst du also dort. Doch ich klammer mich an den Gedanken und die Vorstellung, dass da noch etwas anderes kommt. Ich betäube mich mit der Vorstellung, dass du gerade neue Welten erkundest, Freunde kennenlernst … und anfängst bei ihnen zu putzen. *lächel* Und eines Tages werden wir uns wieder sehen und lachen.
Mach’s gut, liebe Freundin.
Ich wußte gar nicht, daß ihr schon eine so lange Vorgeschichte zusammen habt… hattet.
*drück*