Schlecker

Die Nachricht war letzte Woche in den Schlagzeilen: Schlecker ist Pleite. Ich hab‘s auch gehört und zur Kenntnis genommen und vielleicht ein stilles „Och!“ gemurmelt, bevor ich meinen täglichen Kram weiter erledigte. (Ach ja, ich starb gerade einen Elefantenmagenkrampftod.)

Heute fuhr ich mittags meine gewohnte Strecke von Job 1 zu Job 2, und mein Weg führt mich wie fast immer durch das kleine verpennte Örtchen, an dessen kopfsteinbepflasterter Hauptstraße sich ein Bäcker, ein Fleischer, ein Brautmodenausstatter, ein Blumen- und Geschenkehaus, ein winziger Spar-Lebensmittelmarkt und eben eine Schlecker-Drogerie schmiegen. Der Bäcker wird stark frequentiert, besonders morgens, wenn die Abkürzungs-Pendler – wie ich am Mittag – sich schnell noch das Frühstück sichern. Auch im Spar-Markt war ich schon einige Male, wenn es die Zeit erlaubte. Brautmoden brauche ich eher selten, so war ich in meinen 10 Jahren Pendelei auch nur einmal in diesem Etablissement. Nie dagegen war ich im Blumenladen – dafür habe ich schlicht keine Zeit. Ich nehme es mir manchmal vor, aber dann vergeht die nächste Woche, und ich war nicht stöbern, sondern eilte zum nächsten Job. Der Fleischer hat mittags meistens schon geschlossen, wenn ich dran vorbei fahre.

Einzig im Schlecker war ich öfters, um Kekse zu kaufen oder Taschentücher, Zigaretten – die tausend Kleinigkeiten, die man spontan braucht, beim Mega-Wochenendeinkauf vergessen hat oder auf die man just im Vorbei-Fahren Lust verspürt.

Wenn ich abends die selbe Strecke nach Hause fuhr, räumten die zwei Schlecker-Frauen die Auslagen gerade wieder in den Laden und löschten pünktlich 18 Uhr das Licht.

Und heute Mittag war Schlecker geschlossen. Kein Licht, keine Auslagen, keine parkenden Autos am Straßenrand. Ausgestorben, verrammelt, geschlossen. Das war schon seltsam für mich. Wie komisch muss es sich erst für die Dorfbewohner anfühlen, wenn ein Stückchen ihres Dorfes einfach so – von einem Tag zum anderen – dicht macht. Und für die Angestellten, deren Job ich nicht haben wollen möchte, die aber jeden Tag ihre Arbeit erledigt haben und mir bei Bedarf die Zigaretten aus dem Käfig angelten und Opa Krause halfen, den richtigen Auftragszettel zum Entwickeln der Enkelkinder-Fotos auszufüllen. Ich hatte nie großartig Zeit. Maximal ein kleiner Small-Talk zwischen Kasse und Auto, ein Lächeln. Husch und weg.

Alles vorbei. Kein Schlecker mehr. Der kleine Laden an der geheimen Abkürzungsstraße ist wohl eine der Filialen, die sich nicht wirtschaftlich rentieren. Vielleicht, weil zu viele immer nur daran vorbei fahren und Opa Krause nicht jeden Tag in Filzpantoffeln hinüberschlürfen kann, um Fotos entwickeln zu lassen oder Hundehaarshampoo zu kaufen.

 

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3 Antworten zu Schlecker

  1. Mark sagt:

    Ja, für Ovelgönne ist das schon ein harter Schlag.

  2. sajec sagt:

    Und wieder die Frage: Wer bist du? Offenbare dich! Du bist nicht mein Chef, denn der würde anders schreiben, anwaltlicher eben. 🙂

  3. Mel sagt:

    Mag sein, dass das für die Dorfbewohner ein harter Schlag ist (oder auch nicht?) und für die Mitarbeiter erst Recht, ihnen ist zu wünschen, dass sie schnell andere Möglichkeiten finden, sonst ist sowas natürlich immer hart.

    Mir tut es um Schlecker hingegen gar nicht Leid. In meinen Augen ist das der letzte Laden, ALLE Schlecker Fililalen die ich kenne (und das sind einige). Da wundert es mich nicht, dass die Pleite gehen.

    Früher hat mir das nichts ausgemacht, da war ich wie du, hin und wieder bei Schlecker. Eben wenn man mal schnell was brauchte, oder so. Seit ich Kinder habe, habe ich begriffen, dass Schlecker nicht jeden Kunden in seinen Läden sehen will. Such dir mal den nächsten Schleckermarkt der noch geöffnet hat, leihe dir einen Kinderwagen und versuche damit dort deinen Einkauf zu erledigen. Ich kenne hier keine Filiale in der das möglich ist. So eng, so zugebaut und noch dazu unübersichtlich……

    Bei uns im Ort ist Schlecker die einzige ansässige Drogerie, es gibt hier nix anderes. Und dennoch, egal mit wem man sich darüber unterhält, fast alle die man hier fragt, setzen sich lieber ins Auto und fahren in die nächste Stadt um bei Rossmann oder dm einzukaufen, bevor sie sich das antun. So auch wir….

    Unser Schlecker ist immer leer, ich gehe also davon aus, dass es auch eine Filiale ist, die ganz bald schließen wird und auch wenn es wie gesagt die Einzige hier ist, ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das die Menschen in unserem „Örtchen“ wirklich schockieren wird.
    Vielleicht ist das hart ausgedrückt, aber in meinen Augen hat Schlecker auch nie etwas dafür getan die Kunden an sich zu binden (und wie du weißt, ist das hier nach Leverkusen und Köln schon das 3. Städtchen in dem wir wohnen, ich kenne also wirklich einige Filialen, das beruht nicht auf Betrachtung einer einzigen). Von nix kommt nix, in dem Fall ist das nunmal das Risiko das jeder Unternehmer zu tragen hat.

    Dennoch, weil ich nicht ganz so gefühlskalt bin, wie es hier klingt, für die Mitarbeiter tut es mir tatsächlich Leid, das ist dann schon hart 🙁

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