She would learn!

Es muss kurz vor dem Jahreswechsel gewesen sein, als sie begonnen hatte, das Gefühl für Zeit zu verlieren. Sie hatte das Portal in ein Universum gefunden, das sie lockte und faszinierte, in dem sie sich mit jedem Tag – und mehr noch mit jeder durchlesenen Nacht – verlor. Es gab Tage, an denen sie kaum etwas aß, und Nächte, in denen sie einfach las und las, fasziniert; unfähig, diese neue Droge loszulassen, und sei es auch nur, um den erbärmlichen Forderungen ihres Körpers nachzugeben, wie Schlaf oder Kaffee. Zeit spielte keine Rolle mehr, und wenn sie das Universum für kurze Zeit verließ, stellte sie erstaunt fest, wie viel Zeit in Wahrheit vergangen war, ohne dass sie es bemerkt hatte.
Sie fürchtete den Tag, an dem sie loslassen musste, um solch profane Dinge wie ihren Job zu tun. Sie fürchtete diesen Tag – und wusste doch, dass es sein musste, wenn sie einen Rest von Vernunft aufrecht erhalten wollte …

Die Stimme in ihrem Kopf beschrieb jeden ihrer wachen Augenblicke wie den Beginn eines neuen Kapitels in einer dieser Geschichten, die sie zu lieben lernte. Wann hatte es zu schneien begonnen? Erstaunt blickte sie auf das Weiß auf den Straßen.

Es war ein sanfter Jahreswechsel gewesen, umringt von ihrer kleinen Familie am ersten Teil des letzten Abends des Jahres 2015. Den zweiten Teil verbrachte sie glücklich in ihrem Universum, und als um Mitternacht die Nachbarschaft das neue Jahr mit Böllern begrüßte, schauderte sie – aus anderen Gründen, lächelte, denn in ihrem Universum waren Feuerwerke aus Emotionen so sehr viel intensiver.

Das Weihnachtsfest davor war kuschelig und warm, ebenfalls umringt von Familie und Freunden, wofür sie dankbar war. Sie fühlte sich geborgen, und es war weniger schmerzhaft gewesen, das Universum für ein paar Stunden zu verlassen.

Natürlich war sie neugierig auf das frische neue Jahr, das vor ihr lag; sie stellte sich dieselben Fragen, wie zu Beginn der vielen anderen Jahre, die sie nun schon begrüßt hatte. Was würde es für sie bereithalten? Sie lächelte sanft und ohne Angst: Vieles – und noch viel mehr. Da war sie sicher. Beide Welten würden zu ihr gehören, das Traumuniversum, und auch das Real Life. Sie würde lernen, in beiden zu überleben und ihre Momente zu genießen. Sie würde es lernen.

Da waren Ziele für 2016: Neue Selbstdisziplin aufbauen, um das Sportprogramm zu reanimieren. Die Furcht vor der Waage überwinden. Geld sparen, für diesen Traum, der in den letzten Wochen des alten Jahres 2015 in ihr heranwuchs und sich festsaugte, sie in Vorfreude lächeln ließ. Natürlich würden auch kleine Geschenke an sich selbst enthalten sein: Der Musical-Besuch im März, die JIB im Mai, viele Kino-Besuche und mehr Kontakt zu ihren Freunden, mehr Umarmungen, mehr reden. Und natürlich ihre Serie, an die sie nun mehr denn je gekettet war, wenn sie ehrlich war.
Und mit Sicherheit wusste sie, dass sie auch das Traumuniversum behalten würde. Sie würde nicht aufhören, es zu besuchen; und jedes Mal würde es sie willkommen heißen und neue Geschichten für sie bereithalten.

Morgen würden die freien Tage des Jahreswechsels 2015/2016 zu Ende sein. Morgen würde unbarmherzig der Alltag wieder einziehen, würde sie das KINDLE weglegen müssen für die meiste Zeit des Tages. Doch sie würde lernen.

Sie lächelte bei den Gedanken an die kommenden Wochen und Monate. Denn jetzt, wo sie das Portal zu diesem Universum gefunden hatte, war sie sicher, dass sie es jeder Zeit wieder betreten würde können, wann immer der Real Life Tag drohte, ihr das Lächeln zu nehmen.

Sie war bereit für 2016.

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Eine Antwort zu She would learn!

  1. dasKaddy sagt:

    Es ist schön zu lesen, dass Du glücklich und zufrieden bist, da bekomme ich Herzchen in den Augen. <3

    Und mein Sportprogramm werde ich auch wieder reanimieren.

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