Wie 63 Cent meine Mittagspause killten

Es begann damit, dass ich die Büromilch getötet hatte. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz im Büro, dass immer Milch da sein muss für den Kaffee, da weder Chef noch ich unseren Kaffee ohne Milch genießen können. Und eben jene Milch war alle, ich hatte den letzten Rest in meinen Becher gekippt und Chef war daraufhin maulig. Da es aber sowieso mein Job ist, die Büroeinkäufe zu tätigen, wollte ich das heute sofort in meiner begrenzten Mittagspause erledigen. Eben fix zu Netto rein – liegt ja auf dem Weg – Milch eingesackt, gleich noch Cappuccino-Großpackung auf Chefkosten mit in den Einkaufswagen, Abmarsch zur Kasse. Vor mir stapelte ein Ehepaar ihre Einkäufe auf das Laufband: Chips, Bier, Wein, Unmengen an Pizzen, Süßkram. Die Kassiererin piepste alles einzeln über den Scanner. Noch war alles gut, ich lag perfekt im geplanten Mittagspausen-Einkaufs-Timing. 49,63 € verlangte sie. Dann begann das Drama.

Während der Mann sofort das Bier verstaute, kippte Frau den Inhalt ihrer Geldbörse auf den Tresen. Ettliche Münzen klimperten und kullerten über das Laufband. Ich zog gedanklich 10 Minuten von meiner Mittagspause ab, das könnte etwas dauern. Die Kassiererin seufzte wohl auch innerlich, aber nun sind Münzen ja auch Geld – und fing an zu zählen. Dann zählte sie noch einmal, schaute auf’s Display, wo immer noch die 49,63 € blinkten, und fing wieder an zu zählen. Aber auch diesmal stimmte es nicht. Es fehlte etwas. Nun zählte die Kundin das Geld ab, aber auch bei ihr gab es kein anderes Resultat. Die Frau sah ihren Mann fragend an, aber der schüttelte nur den Kopf, packte die Chips ein und meinte, er habe kein Geld mit. Frau kramte – die Ruhe selbst – in den Hosentaschen und förderte noch ein paar Münzen zu Tage. Die Kassiererin begann zum 4. Mal zu zählen.

Meine Mittagspause schwand dahin. Das Ergebnis ihrer erneuten Münzzählerei: Es fehlten noch immer 63 Cent. Frau und Mann diskutierten, was von den Sachen sie nun zurückgeben müssten, Frau plädierte auf 1 Büchse Bier, Mann verweigerte jedoch deren Herausgabe und schlug seinerseits die Chips vor, von der sich aber Frau nicht trennen wollte. Ich befürchtete einen ausgewachsenen Ehestreit im Kassenbereich. Nach weiteren 3 Minuten Diskussion und leisen Murren der mittlerweile anhängigen Kassenwarteschlange hinter mir entschieden sie sich, die Nüsse zurückzugeben, die aber im Einkaufswagen ganz unten verstaut waren. Nach endlosen weiteren 2 Minuten hatten sie die Nüsse gefunden und verlangten deren Stornierung. Nun kann Kassiererin nicht einfach auf Storno drücken, nein, das muss eine 2. Kassenfachfrau erledigen. Sie drückte die Bimmel, ich cancelte weitere 5 Minuten meiner Mittagspause, von Timing war schon gar keine Rede mehr. Die 2. Kassiererin trabte an, stornierte die Nüsse, und zählte dann ihrerseits das verbleibende Geld nunmehr zum 5. Mal. Der Kassenwarteschlangenmitgefangene hinter mir seufzte hörbar und murmelte: So viel zu meiner Mittagspause. Amen!

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Eine Antwort zu Wie 63 Cent meine Mittagspause killten

  1. Witchblade sagt:

    🙂

    hihi ja so ist das wahre Leben…
    Wozu Mittagspause machen?

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