Begegnung

Manchmal liege ich nachts im Bett – also gewöhnlich liege ich ja immer nachts im Bett *lol* – aber manchmal schleichen sich dann die Anfänge von Geschichten in meinen Kopf und ich formuliere Sätze und Wortgruppen, die wie Puzzelteile vor mir liegen und zusammengesetzt werden wollen, die perfekt zueinander passen und sich immer mehr erweitern.

Ich weiß nicht mehr, in welchem Zusammenhang ich einmal jenen Ratschlag las oder hörte: „Wenn du nachts aufwachst und schreiben musst, dann schreibe! Denn dann bist du vermutlich ein Schriftsteller und dein Talent will sich ausdrücken. Also gib ihm Papier!“

Nun, ich will jetzt nicht behaupten, dass ich eine Schriftstellerin bin. Bestimmt nicht! Dafür fehlt mir die Ausdauer und die vielen Baustellen hier (Lennie, Die Nacht der Wölfe) sprechen in der Beziehung eine beredte Sprache.

Aber letzte Nacht war es wieder so, dass sich Wortgruppenbilder in meinem Kopf tummelten, niedergeschrieben werden wollten. Nur war ich zu faul, aufzustehen. Aber auch jetzt – ca. 12 Stunden danach -, lassen sie sich nicht einfach so verdrängen, sondern sind noch immer da. Etwas verschwommen und zerbröckelt vielleicht, aber ich werde versuchen, sie zu restaurieren und zu skizzieren, ohne zu wissen, auf welche Straße sie mich führen werden …

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Die Nacht schickte ihre Schatten in die Stadt, streifte die blinkenden Reklameschilder an der ruhelosen Hauptstraße und trug deren Geräusche in die abseits gelegenen Gassen, wo die Dunkelheit gegen den trüben Schein vereinzelter Laternen kämpfte. In den Pfützen schimmerte bunt Benzin. Die Musikfetzen und das Motorengebrüll der schlaflosen Stadt verbleichten wie Nebelfetzen, vermischten sich mit dem blechernen Klappern eines Müllcontainerdeckels und dem steten Nieselregen.

Das Tapsen von Absatzschuhen auf nassen Asphalt brach sich an den verschlissenen Fassadenwänden. Die Schritte wurden zögerlicher und schließlich verstummten sie ganz. Zwei Tauben flatterten aufgeschreckt davon, dann wurde es wieder ruhig. Das Klicken eines Feuerzeugs zerriss die erneut einsetzende Stille und für einen Augenblick erhellte die kleine Flamme die Gasse. Kurz danach stieß jemand geräuschvoll den Rauch der Zigarette aus und wartete an der dunkelsten Stelle der Gasse, versteckt vor neugierigen Blicken. Nur das gelegentliche Aufglimmen der Zigarette verriet die Anwesenheit einer Person in ihrem gewählten Versteck.

In der Ferne kläffte ein Hund und aus einer Diskothek drang Gelächter, das sich in die entgegengesetzte Richtung entfernte, fort von dem wartenden, rauchenden Wesen im Schatten, deren Zigarette inzwischen aufgeraucht war.

Am anderen Ende der Gasse schienen sich Nieselregen und Dunst plötzlich zu verdichten. Eine Gestalt schälte sich silhouettengleich aus dem Nebel und kam lautlos näher. Mit jedem Schritt wurde der Umriss schärfer, gebar einen Mann, dessen Gesicht jedoch verborgen blieb. Zu Nebel, Dunkelheit und Nieselregen gesellte sich eine gefährliche Spannung, fast körperlich spürbar; und die Nackenhaare des Wartenden stellten sich auf. Doch ER ignorierte das ungute Gefühl, wich nicht zurück, sondern stellte sich der unausweichlichen Konfrontation mit dem Mann aus dem Nichts.

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6 Antworten zu Begegnung

  1. JMacLean sagt:

    Ich finde das echt gut, ich mag deinen Schreibstil total gerne, so lebhaft und ausdrucksvoll. Und was passiert jetzt? Wie geht es weiter? 🙂

  2. Martin J. sagt:

    Ich finde deinen Stil auch gut .. wie geht es weiter ??

  3. werkarniggel sagt:

    Ich habe keine Ahnung, wo das – wenn überhuapt – hinführen wird. Es ist manchmal einfach im Kopf, diese Bilder, und die Texte wie Untertitel darunter …

  4. JMacLean sagt:

    Ich find das aber interessant. Wirst du öfter sowas hier aufschreiben? Auch wenn es „nur“ diese kleinen kurzen Bilder sind, ich lese das gerne. Mehr schreibe ich ja auch nie.

  5. werkarniggel sagt:

    Sicherlich! Das ist ja meine Austobseite .. also tobe ich mich auf der aus, versprochen. 😀

  6. JMacLean sagt:

    Ich freu mich drauf 🙂

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