Die Besorgnis, die Erleichterung, der Schock und das Abkommen

Seit Tagen kotzte Klecks, und nicht nur aufgrund des extra geshoppten Katzengrases. Als er dann anfing, auch nicht mehr fressen zu wollen, sogar die sonst heißgeliebte Leberwurst verschmähte und Hähnchenstückchen einfach nicht mal mehr in den Mund nehmen wollte, beschlossen wir, ihn letzten Montag zum Tierarzt zu schleppen. Was an sich schon logistisch eine Herausforderung war, denn zurzeit hat die Familie nur ein funktionierendes Auto, und das stand brav mit mir im Anwaltsbüro, 15 km von zu Hause und dem Tierarzt entfernt, als ich dort letzten Montag anrief, um erst mal einen Termin zu bekommen. Den bekam ich dann auch und nach einigem Hin und Her bekamen wir es auch hin, dass Tochter mit dem Zug zu mir kam, sich das Auto holte, den Klecks zum Tierarzt kutschte und mich abends von der Arbeit pflückte. Das klappte dann auch alles. Klecks wurde untersucht, bekam Blut abgenommen.
Erste Diagnose danach und am nächsten Tag per Telefon: Soweit scheint es nichts schlimmes zu sein; er hat kaum noch Zähne, aber vermutlich einen Wurm, den er sich auch trotz Stubentigerkarriere eingefangen haben kann. Er hat abgenommen (von guten 8 kg wog er jetzt nur noch 5 kg). Er bekam eine Wurmkur verabreicht, Schmerzmittel und wurde dann wieder mit nach Hause gegeben. Die Blutbildauswertung ergab: Alles supi für sein Alter. Eventuell eine Schilddrüsenüberfunktion, aber nichts, was man nicht irgendwie medikamentös handeln könnte. Zur Sicherheit aber sollte man am Mittwoch noch einen Ultraschall machen lassen, nur um sicher zu gehen.
Also kutschte ich unseren Klecks eigentlich zuversichtlich Mittwochmorgen vor der Arbeit noch mal zum Tierarzt, gab ihn, der schweigend in seiner Box saß, ab und fuhr zur Arbeit. Dann begann das Warten auf den Anruf, was der Ultraschall ergeben hat. Wie gesagt, ich war zuversichtlich, denn mittlerweile fraß der Racker ja wieder, schnurrte, spielte und putzte sich, nur schlief er auch sehr viel und suchte sich bevorzugt nun Ecken, dunkel und still. Aber er kotzte weniger und schien ansonsten munterer.

Und dann kam der Anruf, bzw. Knuffel wurde angerufen und er erzählte es mir: Pankreas-Krebs, zu sehr fortgeschritten, um ihn noch behandeln zu können.

Das war ein Schock!

Wir bekamen Klecks wieder mit nach Hause und Schmerzmittel für ihn. Wir sollten überlegen, wie es weiter gehen soll. Und wir überlegten. Klecks derweil benahm sich wie immer: verlangte Futter, trank sein Wasser, versuchte Passwörter am PC zu knacken, schaute mit Knuffel seine Serien und trampelte mir im Gesicht herum, auf der Suche nach der passenden Stelle, um mir ins Ohr zu schnurren. Alles schien/scheint nun normal zu sein.
Und so beschlossen wir, es einfach hinzunehmen. Die Tage/Wochen/vielleicht auch noch Monate, die kommen werden, werden wir ihn verwöhnen und der kleine Racker spürt, dass er nun mit mehr Unfug durch kommt. So lange, wie er scheinbar vergnügt und schmerzfrei sein Leben genießen kann, lassen wir ihn – und feiern jeden Tag, den er noch bei uns sein darf. Und vielleicht feiern wir ja auch noch nächstes Jahr seinen 14. Geburtstag? Wir nehmen, was kommt, und lassen ihn gehen, wenn er nicht mehr mag.

Das Leben ist endlich, das muss man akzeptieren, wenn man sich ein Haustier anschafft. Es tut selbstverständlich trotzdem weh, Abschied nehmen zu müssen. Aber nach dem Schock macht sich gerade Dankbarkeit breit, dass wir ihn noch ein bisschen um uns haben dürfen, bevor das unvermeidbare dann irgendwann kommen wird.

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3 Antworten zu Die Besorgnis, die Erleichterung, der Schock und das Abkommen

  1. Saŝa K. sagt:

    Schön, da er, trotz Krebsschmerzen, noch weiter an eurer Seite blieb … und das auch recht lange. <3

  2. werkarniggel sagt:

    Letztendlich mussten wir ihn gehen lassen, und das tat unendlich weh, auch jetzt noch. Wir haben nun seit einem Jahr kein Haustier mehr, weil wir auch dann wieder Abschied nehmen müssten irgendwann …
    Aber er fehlt mir. Unendlich.

  3. Saŝa Ki. sagt:

    Ich verstehe das nur zu gut. Es tut so unendlich weh. Aus demselben Grund habe ich kein Haustier mehr. Ich verkrafte den Tod nicht. Ich habe ein echtes Problem damit, Tode zu verarbeiten. Das Fehlen hört einfach nie auf. Die Leere im Herzen läßt sich nicht füllen.

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