Wie mir das angekündigte beA Versagen den Freitagnachmittag rettete

Chef ist seit Tagen, ach was sage ich, seit Wochen urlaubsreif, und man merkt es an seinen Diktaten, die sich, je näher sein Juni-Urlaub rückte, immer mehr verschachtelten und verzweigten und irgendwann gar nicht mehr erst versuchten, jemals zu irgendeinem Sinn oder zumindest zu einem vernünftigen Punkt am Ende des Satzes zu kommen. So, Chef ist jedenfalls urlaubsreif … und wir gleich mit, denn wir kämpfen gegen seine Phobie an, die da zu sein scheint, dass, wenn nicht wenigstens 3 Aktenberge liegen, die noch auf das Geschrieben werden warten, er der irrigen Annahme ist, er bezahlt seine Mitarbeiterin für’s Kaffee trinken.

Gestern hatte er seinen letzten Arbeitstag vor Urlaubsantritt. Freitag ist auch der Bürotag, wo ich alleine gegen Aktenberge kämpfe, und Chef war an diesem letzten chef’schen Friday auf Großeinsatzkampftag für das Flüchtlingsrecht irgendwo weit weg. Also konnte ich in relativer Ungestörtheit die Aktenberge reduzieren und tippte wie eine Blöde aber vergnügt, auch gegen das neuerliche WORD korrupte Autokorrekturprogramm an, das wohl bei einem letzten Update was an die Waffel bekommen haben muss und mir ungefragt und vor allem ungewollt ständig völlig sinnlose Tippfehler, die gar keine waren, noch verschlimmert. Aus dem 4 Mal richtig getippten Wort Ihnen machte es zum Beispiel ständig Ichnen, weil in der Korrektur so sinnlose Eintragungen plötzlich auftauchen, wie ‚Mache aus ih auf jeden Fall und immer ich, egal, was der Mensch mit der Tastatur eigentlich tippen will!‘ Und Ihnen (also dann Ichnen) kommt in unseren Schreiben quasi überall vor!

Ich kämpfte also vor mich hin, um so viele Schreiben wie möglich noch fertig zu haben, obwohl Chef angekündigt hatte, dass wir uns wohl nicht mehr sehen würden, wenn er dann nach dem Gerichtstermin wieder im Büro landen würde – da hätte ich schon Wochenende. Aber es kam anders, und er kam vor 13 Uhr zurück, unterschrieb im Blindflug alles, was ich ihn unter die Nase hielt und meinte noch, „Das ist ja gut, dann geht das ja auch noch alles raus heute, vor allem die beAs. Ich bin dann mal weg! Sie haben jetzt 14 Tage Ruhe vor mir! Tschüss ….“. Sprach’s, winkte und war aus dem Büro wieder weg.

Nun muss man wissen, dass wir mittlerweile auch bürotechnisch im 21. Jahrhundert angekommen sind und daher 80 % der Schreiben per eMail rausgehen, die Anschreiben an das Gericht per beA (das ist nur ein etwas umständlicheres weil ewig gesichertes Email-Postfach für Justizbehörden und Anwälte, die Abkürzung beA steht für besonderes elektronisches Anwalts(postfach)). Nun geht das in der Regel mit dem Einscannen und Vermailen der Schreiben ziemlich rasch – nur nicht beim beA, denn da muss man ständig die 6stellige PIN eingeben, neue Fenster öffnen, alles 4fach kontrollieren und das dauert eben, das ist nicht das schnellste Postfach auf Erden. Und damit fing ich am Freitag 5 Minuten vor 1 erst an … bei 8 beA-Schreiben wäre ich also mindestens noch eine halbe Stunde nach meinem Freitagnachmittagfeierabend am Rumfummeln gewesen; und hatte darauf eigentlich keine Lust. Ich wollte zum KINDLE.

ABER: gerade wollte ich mich aufregen, dass mich das beA natürlich genau dann, wenn es schnell gehen sollte, überhaupt erst gar nicht rein ließ ins Programm, da erinnerte ich mich: Irgendwas sollte am 12.06.2020 ab 12 Uhr am beA umgestellt werden. Da war doch was! Und richtig, da gab es vorgestern die Email, dass es nicht erreichbar sein würde. Ha! Fix das Baustellenschild des beA’s für Chef noch ausgedruckt, hingelegt, das Büro abgeschlossen und das Weite gesucht. Feierabend! Die Woche war lang genug. Die nächsten beiden cheflosen werden zwar arbeitsreich, aber sehr viel entspannter ablaufen. Aber jetzt habe ich Wochenende, und die haben sogar Gewitter versprochen.

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2 Antworten zu Wie mir das angekündigte beA Versagen den Freitagnachmittag rettete

  1. Saŝa K. sagt:

    Zum Anwaltspostfach schreibe ich mal nix, da empfehle ich dir blog.fefe.de -> FAQ -> Anwaltspostfach lesen … und nicht versuchen mit dem Kopf beim Aufschlagen die Tischkante zu zertrümmern.

    Aber unter uns, hast du schon einmal die Spracheingabe von Google benutzt. Ich diktiere in der Zwischenzeit die meisten meiner Texte nur noch auf dem Handy. Okay, man muß alles mitsprechen, also auch Komma, Punkt, Fragzeichen, Anführungsstriche unten, … Aber es funktioniert. Ab und an schreibt Google dann ein Substantiv nicht groß, aber das kann man im Regelfall sofort wegen der roten Linie darunter ausmachen.

    Vermutlich könnte dir das helfen (oder sogar schon deinem Chef, wenn er die Software zum Diktieren benutzt und du anschließend nur die Korrektur), deine Arbeit schneller zu bewältigen und keine Aktenberge mehr aufkommen zu lassen.

  2. werkarniggel sagt:

    Nope, keine Option! Ich schreibe ja gerne, und auch relativ schnell (außer an Montagen), und wenn niemand Chef sein Diktiertes sortiert und übersetzt, ist Hopfen und Malz auf dem Holzdampfer! 🙂

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