Stuttgart 21

Eigentlich bin ich total unpolitisch. Nicht, dass es mich nicht interessieren würde, ich informiere mich auch über die tagesaktuellen Themen, die mir so über den Weg hopsen. Aber ich bin nicht großartig politisch eingestellt, ich mache meine Arbeit, kotze über die Steuererklärung und verdränge den Albtraum über eine Zukunft, in der ich möglicherweise zu alt, zu krank und arbeitslos bin.

Mehr oder weniger werde ich wütend, wenn ich Berichte über die Hartz IV-Regelungen oder die geplanten Gesundheits- und Steuerreformen etc. lese. Nach der Wut kommt die Resignation und dann der Gedanke: „Ich kann das eh nicht ändern. Irgendwie wird es schon weiter gehen!“ Ich weiß, das ist politisch nicht gerade erwachsen und selbstbestimmt. Bei Wahlen stehe ich regelmäßig vor dem selben Problem: Eigentlich trau ich keiner der etablierten Parteien über den Weg, die ganz Braunen sind mir dabei besonders zuwider. So entscheide ich mich regelmäßig für das, was ich für das kleinere Übel halte.

Seit Monaten brodelt es ja gerade in Stuttgart rund um das dortige Bahnprojekt. Zwischen Stuttgart und Bremerhaven liegen etwa 685 km. Es müsste mich nicht weiter interessieren, ob und was für einen Bahnhof die dort hinsetzen wollen oder nicht. Als ich eines nachts eher zufällig im Radio auf eine Feature stieß, das die Pro und Kontras des Projektes Stuttgart 21 näher erläuterte, verstand ich die Besorgnis und die Ängste der Gegner und für mich persönlich blieb die Frage offen, warum man entgegen des massiven Widerstandes Zehntausender an einem solchen gigantischen Projekt und mit den damit verbundenen Risiken festhält; wieso ein „normaler“ Ausbau und Modernisierung des Bahnhofes nicht auch ausreicht. Die Milliarden, die man dabei sparen würde, könnten an anderer Stelle sicher sehr viel sinnvoller genutzt werden.

Heute nun eskalierte die Situation in Stuttgart und fassungslos nahm ich die Bilder zur Kenntnis, wie Polizei gegen Demonstranten mit Wasserwerfern, Tränengas und Reizgas vorging. Deutschland ist ein demokratisches Land, in dem Meinungsfreiheit herrscht?! Dachte ich. Scheinbar gilt aber nach wie vor: Wenn du nicht einsiehst, dass deine Meinung nicht erwünscht ist, zeigen wir dir eben, wer am längeren Hebel des Wasserwerfers sitzt.

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