Zurück in die Sixties

Wer hätte das gedacht! Der Abend war supernett, lustig, entspannt und charmant. ChefChef hatte Geburtstag und lud ein, auf das Theaterschiff nach Bremen direkt an der Schlachte. Nach dem unverblogbaren „Zwischenfall“ verspürte ich nicht wirklich große Lust, aber das Essen war bestellt und eine passende Ausrede wollte mir partout nicht einfallen. Dann hatte ich auch noch eine schlimme weil so ziemlich schlaflose Nacht hinter mir und einen Sack voll Arbeit am Vormittag im Büro. Ich wandelte mehr tot als lebendig vom Kopierer zum Telefon, zur Kaffeemaschine und zurück zum PC. Am Nachmittag versuchte ich, wenigstens 2 Stunden Schlaf nachzuholen und ließ Haushalt einfach Haushalt sein. Doch es war nur ein Dämmern, Schlaf wollte sich nicht einstellen. Geduscht, geföhnt, gestylt und warm eingepackt schaffte ich es auch gerade noch rechtzeitig zum Treffpunkt. Was angenehm war: Es herrscht ja nun Alkoholverbot in Zügen und so kam es, dass entgegen sonst üblicher Praxis nicht bereits auf der knapp 1-stündigen Fahrt kräftig vorgeglüht wurde. Kann ich gut mit leben. Wir knabberten Oreos und After Eight und erzählten, erzählten, erzählten. So verging die Zeit schneller als gedacht. (Ich sah ihn nicht an). Wir liefen durch Bremen und ich bedauerte, die Kamera zu hause gelassen zu haben. Demnächst muss ich unbedingt doch mal einen fotografischen Ausflug nach Bremen machen.

Das Theaterschiff selbst ist eher unscheinbar und zumindest das Restaurant verdient die Note chaotisch. Unsere Liste mit den vorbestellten Essen war von dem dortigen Fax zwar ausgespuckt worden, dann säuberlich an eine Pinnwand geheftet und vergessen worden. Also bestellten wir a la kart und ließen die Vorspeisen weg, denn anschließend sollte es ja Theater geben. Ich hatte Folienkartoffeln mit Pfeffersteak. Ich lernte auch recht schnell, nicht auf die Pfefferkügelchen zu beißen, wollte ich nicht Gefahr laufen, dass mein aufgelegter Mascara mehr einem Massaker glich. Dann gab es den ersten Sex on the Beach für mich – der Abend konnte lustig werden. Er wurde lustig. Es begann bereits damit, dass ich nach dem Essen rauchen war. Wie nun üblich, stehen die Raucher im Kalten, vor allem, wenn sie – wie ich – aus Bequemlichkeit keine Jacke erst anziehen. In der Jacke, so wußte ich, waren diverse Feuerzeuge. Jacke hing brav über dem Stuhl im Nichtraucher-Restaurant. Also kramte ich in den Hosentaschen auf der Suche nach Feuer, bereits mitleidig beobachtet von einem Herrn mit Professoren-Schal um den Hals. Nach 1 Minute meines wohl verzweifelt anmutetenden Kramens im Inneren meiner Beinbekleidung bot er mir Feuer an. In dem Moment spürte ich jedoch etwas glattes in der Hand, lächelte, dankte artig für sein angebotenes Feuer, aber ich hätte gerade eben mein eigenes Feuerzeug doch gefunden – und hielt tripumphierend den vorsorglich mitgeschleiften Tampon an die Fluppe. *headdesk* Ich bekam dann Feuer von dem netten Herrn Professor gesponsert, dessen Blick Bände sprach und der gar nicht mehr aufhören konnte, zu grinsen. Vermutlich bekam ich in seiner Leute-Gehirn-Schublade jetzt den extra-durchgeknallt-Platz.

Ich hatte keinen großen Plan von dem, was da als Sixty Sixty angekündigt war und in dem kleinen Theater unter dem Restaurant stattfand. Der Raum war brechend voll, aber ich saß am Rand ziemlich weit vorn und man hatte eigentlich von überall gute Sicht. Und was soll ich sagen: Obwohl ich in den 60iger Jahren noch nicht in der genetischen Vorbereitung war, ja, sich meine Eltern noch nicht einmal kennengelernt hatten, war ich erstaunlich textsicher, bekam den lang gehegten Verdacht bestätigt, dass Winnetou und Old Shatterhand die ersten Brokeback Mountainer waren und die Käse Antje Drogen nimmt, zumindest aber ihre Hände zu lange in Palmolive gebadet hatte. Als dann auch noch die Pilzköpfe ein Intermezzo gaben, tobte quasi der Laden – zumindest unsere Reihe. Der 2. Sex on the Beach überlebte nur knapp das Erdbeben der Jubelrufe und die spontanen Yeah Yeah Yeah – Ausrufe. Pause. Zeit für eine Zigarette auf dem Oberdeck (diesmal mit richtigem Feuerzeug), wo unsere Azubine – 17 Jahr, blondes Haar – unschuldig und todernst fragte, wer die Boygroup von eben war. Mein Chef ging vor Lachen fast über die Reeling. Auch der 2. Teil der musikalischen Zeitreise in die geschauspielerte TV-Welt der 60iger Jahre war unterhaltsam, und alle kennen jetzt Else aus der ersten Reihe.

Mit einem Wort: Es war toll!

PS: Schweigende Übereinkunft getroffen. Diskretion auf beiden Seiten. Erscheint mir die diplomatischste Lösung. Sie könnte funktionieren, wenn ich nach dem 3. Sex on the Beach dem Alkohol für den Abend abschwöre.

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