Wo sind die Ohren?

Heute hatte ich frei – schwer erkämpft mal wieder – aber eben frei. Was nicht bedeutet, dass ich nichts zu tun gehabt hätte. Wichtigste Mission des Tages: Fotos für den Pass beschaffen und selbigen beantragen. Also föhnte ich das, was ich großzügig Haare nenne, brachte es in Form und begab mich mittels Mazda zum nächsten Geldautomat, d. h. so weit man mit Auto an den Geldautomat herankommt, was an Freitagen – wenn Wochenmarkt ist – schier ein Akt ist. Also parkte ich Mazda ein paar hundert Meter weit weg und begab mich todesmutig durch Sturm und Niesel zur Geldquelle – was meine Haare zum Anlass nahmen, die ganze Föhnaktion von morgens ad absurdum zu führen.

Beim Fotografen angekommen, der übrigens total nett und eine Plaudertasche ist, fragte der mich natürlich prompt, ob ich das so gestrüppig haben wollte, oder ob ich nicht doch einen Kamm … ? Ich brachte das Gestrüpp wieder in halbwegs gesellschaftsfähige Bahnen und pflanzte mich auf den Hocker, mit dem Blick zur Leinwand, weil ich das einfach so von Kino her gewöhnt bin. Das war verkehrt. Der Fotograf bekam einen Lachanfall, denn angeblich hätte sich noch nie vorher jemand verkehrt herum vor seine Linse gehockt.

Wir bekamen mich in die richtige Stellung, es machte ein paar Mal „klick“ und dann hatte ich meine Pass-Bilder. Er zeigte sie mir noch „in der Kamera“ und sah mich fragend an. Ich vermutete, er wollte ein okay von mir haben; also bestätigte ich ihm, dass das auf den Fotos in der Kamera eindeutig ich bin. Wer auch sonst? LOL

Während er die Bilder druckte und schnippelte, unterhielten wir uns selbstverständlich über meinen geplanten Trip nach Vancouver und die Vorfreude darauf und er schien ein wenig neidisch. Generell auf den Trip. Der wird ja auch klasse! 3 Wochen roadtrip durch Canada – wer will das nicht? Und ja, ich erzähle ALLEN von der geplanten Reise – nur meinen Schwiegereltern nicht. Nun, wir kamen richtig ins Talken, wobei das Gespräch dann auf seinen Schuhtick  abrutschte. Er gestand, dass er als Mann an Schugeschäften nicht vorbei kommt. Erst letztens hätte er ein Paar Boots gesehen, die einfach umwerfend toll aussahen und die er haben musste, und dann sofort noch die anderen, die daneben standen und ebenfalls umwerfend ausgesehen haben sollen, gekauft, was seine Frau und die Schuverkäuferin wohl kopfschüttelnd als verrückt betitelten. Aber er ist happy mit seinen Boots. Darf er auch.

Aber ich hatte ja eigentlich keine Zeit, denn ich brauchte ja noch den Pass. Also ab zum Rathaus, und dort erst mal sehr – sehr! – umständlich rumgekurvt, um überhaupt einparken zu können. Hoffentlich hat das niemand beobachtet, ich glaube, ich habe sämtliche frauenfeindliche Klischees in Sachen Einparken erfüllt.

Rein ins Rathaus und erst mal orientieren. Wann war ich das letzte Mal auf ’ner Behörde? Aber die haben ja Wegweiser, den ich dann auch entdeckte, als ich schon durch die automatische Schiebglastür gelatscht war. Da stand ich nun und glotzte durch die Schiebglastür auf die Informationstafel. Ging ich einen Schritt näher, um noch was zu erkennen, schoben sich die Türen auf; ich also wieder zurück, Türen zu, und nichts mehr erkannt. Schritt näher – Türen auf – Mist! Das ging 2 oder 3 Mal so, bis es dem Portier zu bunt wurde (oder er Zugluft bekam), er aus seinen Kämmerchen stürmte und mich fragte, wo ich hin will. „Ich fliege nach Vancouver!“ antwortete ich spontan; sah an seinem verdutzten Blick, dass das eine Info war, die er gar nicht haben wollte, und fügte hinzu: „Dazu brauche ich einen Flugpass!“

„Sie meinen Reisepass?“ – Klugscheißer!

Er wies mir den richtigen Weg und ich setzte mich in die Reihe der Wartenden. Nach einiger Zeit deponierte ein Mitfünziger seine ziemlich fidele aber fast blinde Mutter auch auf den Warte-Gang und wir kamen ins Gespräch. Die Omi brauchte einen neuen Perso und war sich nicht mehr sicher, ob sie auch die Fotos mit dabei hatte. Sohnemann zückte die Fotos seiner Frau Mama, verglich sie mit den vorherigen und stellte lapidar fest, dass sie früher besser ausgesehen habe. Omi drehte sich schmunzelnd und entrüstet in meine Richtung und fragte, was man mit so unhöflichen Söhnen am besten macht. „Puddingverbot!“ schlug ich vor. *lol* Die alte Dame kippte vor Lachen fast vom Stuhl. Sohnemann bemängelte dann, dass auf Mutters Passfotos gar keine Ohren und keine Brille mehr zu sehen sein würden. „Ich brauche keine Brille, ich seh ja eh nichts mehr!“ erwiderte die Dame. Ich wurde stutzig – biometrische Passfotos: musste da wenigstens ein Ohr drauf erkennbar sein? Ich fummelte meine eben erstandenen Passfotos heraus und kontrollierte flux nach: Keine Ohren. Der Mann gegenüber meinte, einen Blick auf meine Fotos werfend: „Sie brauchen keine Ohren mehr, das ist jetzt alles neu.“ Okay … LOL

Dann kam ich dran und rein und erzählte – natürlich – auch der Passantragsannahmebeamtin, dass ich nach Vancouver fliegen werde, dazu einen Pass brauche, auch Fotos mit dabei habe, aber leider keine Ohren. Die Fotos waren aber so in Ordnung und Ohren hatte ich ja nach kurzer Kontolle auch am Kopf. Noch die Fingerabdrücke genommen (ohne schwarze Tinte, was meine Befürchtung war) und dabei festgestellt, dass mein linker Zeigefingerabdruck sehr fotogen ist. Unterschrieben, bezahlt und glücklich entschwebt mit der Zusage, dass in 3 bis 4 Wochen mein Pass abholbereit wäre.

Der restliche Freitag, den 13., verbachte ich mit Hausputz und Wäsche – dabei vergnügt und vor Vorfreude grinsend. Jetzt kann das Wochenende kommen, ich bin mit allen soweit fertig und darf Sonnabend und Sonntag mehr oder weniger faul sein. Ich hab schon mal den virtuellen Kamin angeschmissen, Klassik-Radio eingestellt und bereite mich auf einen gemütlichen Abend vor. Und dann gibt es ja heute Nacht noch Fedora-supernatural! Alles in allem: erfolgreicher und guter Tag, so ein Freitag den 13.

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